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Am Yukon

Ein Tagebuch von Günter Dollhäubl

Irgendwann hatte man in den 70er Jahren Jack London’s Wolfsblut verfilmt. Wahrscheinlich nicht einmal gut. Aber für einen Jugendlichen wie mich, der größtenteils ohne Fernsehen aufgewachsen ist, war es ein beeindruckender Film.

Da damals die Jugendlichen auch noch dem Lesen als Freizeitbeschäftigung nachgingen, begann ich Jack London’s Bücher zu lesen. Da gab es den Seewolf, Wolfsblut, den Ruf der Wildnis, und Lockruf des Goldes. Irgendwie haben mich die Geschichten aus dem hohen Norden fasziniert. Vom Leben am Lagerfeuer hatte ich immer schon geträumt und in meiner Vorstellung war da oben, hoch im Norden Nordamerikas, die „Freiheit“ angesiedelt. Kein Wunder also, dass ich bereits als junger Mensch einmal den Norden bereisen wollte; dass ich davon träumte, irgendwo an einem Bergsee in einer Blockhütte zu leben, mit einem echten Indianerkanu vor der Tür.

Im Laufe der Jahre habe ich mir viele meiner Träume verwirklicht und auch Alaska und seine Goldrausch Mythen waren nur eine Frage der Zeit, bis ich ihnen nachgehen wollte. Irgendwie ist es sich nie ausgegangen. 1995 war ich ganz knapp dran. Eine schwere Krankheit hat in jenem Jahr die bereits geplante Reise nicht erlaubt. Leider sind mir im Laufe der Jahre auch die potentiellen Reisepartner für so ein Unternehmen abhanden gekommen. Das Alter fördert auch die Bequemlichkeit und es braucht, neben der notwendigen Kohle, auch viel Abenteuerwillen um sich die Strapazen anzutun. Immerhin wollte ich eine solche Reise nicht im klimatisierten Bus machen. Doch ich habe dieses Reiseziel nie aus den Augen verloren.

In der Zwischenzeit hatte ich viel über dieses weite Land gelesen, diverse Dokumentationen gesehen und wusste nun, was ich wollte. Mir wurde auch klar, dass ich zwei Reisen machen muss. Zu groß ist dieses Land. Eine Reise, um das Alaska der Tundra, den Denali, und das Eismeer zu sehen, und eine zweite, um auf den Spuren des Goldrausches 1898 zu wandeln. Den Chilkoot Pass muss man selber einmal gesehen haben. Auch den Yukon – Inbegriff aller kanadischen Flüsse – muss man selber einmal runtergepaddelt sein. Und bei Diamond Tooth Gertie’s in Dawson City im Klondike Gebiet muss man einmal die selbst geschürften Nuggets am Spieltisch verspielen. Dies alles ging seit vielen Jahren in meinem Kopf herum.

Im Sommer 2015 passierten dann zwei Dinge. Ich lernte ein inzwischen befreundetes Pärchen beim Paddeln in Ungarn kennen. Die beiden hatten den Yukon bereits bezwungen und interessante Geschichten erzählt. Damit war meine Lust an diesem Abenteuer wieder neu erweckt. Ich studierte Internetseiten mit Anbietern und Outfittern und überlegte, was mir Spaß machen würde. Eines Abends schaute mir Kennet über die Schulter und ganz überraschend bot er mir an, mich auf eine Kanutour am Yukon zu begleiten. Ich denke, nicht weil er davon so begeistert war, sondern viel mehr, weil ihm klar wurde, wie wichtig diese Sache für mich ist, und ich diese Reise ohne Begleitung nicht machen würde. Nach kurzer Überlegung hatte ich die Chance ergriffen und bereits Ende August alles klar gemacht. Im September hatte ich auch die Flüge unter Dach und Fach.

Ich war bereit für dieses Abenteuer.

Das Team

Tag 1

Es ist Montag früh in Whitehorse, Yukon Territory. Ich habe nicht gut geschlafen. Liegt wohl am Jetlag. Um halb 6 gehe ich duschen. Kenny regt sich auch bereits. Wir packen unsere Sachen noch einmal neu. Haben wir wirklich an alles gedacht? Dann gehen wir in den Supermarkt einkaufen. Hier gibt es wirklich alles. Ein Frühstück ist schnell gekauft, und auch ein paar andere Sachen für unterwegs gehen mit uns mit. Wir kommen zurück ins Hotel und frühstücken. Kenny hat sich Pizza Muffins ausgesucht und ist hellauf begeistert. Meine Blueberry Muffins und der Hotelkaffee sind auch in Ordnung. Um 8:15h ist Treffpunkt in der Lobby. Martin, unser Guide, ist bereits da. Bald darauf kommen auch unsere Mitreisenden, die wir am Vortag kennen gelernt haben. Heinz und Katrin, ein nettes Ehepaar von der Mecklenburger Seenplatte mit einiger Paddelerfahrung, und Nadine, eine nette Lehrerin aus Lübeck. Gemeinsam wollen wir die Tour machen.

Das Wetter ist sehr schön. Noch immer kühl, aber sonnig. Ich hebe zur Sicherheit noch einmal Geld ab und bin dann abfahrbereit. Der Check Out geht schnell. Martin hilft uns, unsere Sachen im Auto und im Anhänger zu verstauen. Die ganze Ausrüstung und die Boote sind bereits aufgeladen. Wir fahren zu Canadian Tires, um noch ein paar Ausrüstungsgegenstände einzukaufen. Gelsenspray, Blinker, Fischerkarte. Ich nehme gleich eine Jahreskarte für 35 Dollar.

Es geht raus aus Whitehorse. Den Alaska Highway Richtung Süden, am Yukon entlang. Dann Richtung Osten. In Johnson Crossing stellen wir das Auto an der Brücke ab und beginnen mit der Entladung. Hier gibt es eine längere Einschulung. Wir lernen, wie man die Boote optimal packt und zwei neue Knoten. Schwimmwesten werden gecheckt, alles professionell in den Kanus verstaut. In der Zwischenzeit ist noch eine zweite Gruppe angekommen. Auch sie sind 6 Leute und wollen den Teslin hinunter. Martin unterhält sich mit deren Guide. Dann machen wir ein paar Startfotos und schieben die Boote in den Fluss. Das Abenteuer hat begonnen…

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40 km ist die heutige Tagesetappe lang. Nicht viel, so denk ich mir. Doch ich habe die Sache vollständig falsch eingeschätzt. Gegenwind und kaum Strömung. Es wird heiß und es ist anstrengend. Wir schwitzen unter der Schwimmweste. Die Boote sind vollgeladen bis oben. Geschätzte 100 kg Zuladung. Nicht zu viel für die robusten Nova Craft Canoes. Die 18 Fuß langen Boote lassen sich leicht gerade halten und liegen gar nicht so tief im Wasser. Jedoch sind sie sehr stabil. Gute Boote, auch für Anfänger.

Wir merken bald, dass wir zurück bleiben. Liegt es an den Fotopausen oder am Gewicht? Die anderen sind bald einen Kilometer voraus. Warum? Wir haben wahrscheinlich die meiste Kraft. Machen wir etwas falsch? Wir kämpfen uns wieder näher heran. Was machen die anderen anders? Wir beobachten sie. Es ist nichts zu erkennen. Aber Kennet schlussfolgert bald, dass es egal ist, wie schnell wir paddeln. Die anderen müssen von Zeit zu Zeit wieder auf uns warten. Und wir haben es nicht eilig. Da hat er natürlich Recht. Es ist kein Wettbewerb.

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Die Landschaft ist wirklich schön. Am Anfang sehen wir noch ein paar Hütten. Dann nur noch Natur. Berge und Hügel, alles bewaldet. Eine erste Pause machen wir nach einer Stunde. Es gibt Limonentee, Muffins und Kirschen. Alle sind gut drauf. Wir suchen unseren Sonnenschutz, denn unsere Haut beginnt sich bereits rot zu färben. Wir bereden Anlege- und Ablegemanöver, üben eine Flussquerung. Alles geht gut. Martin ist mit uns sehr zufrieden. Es geht weiter. Wieder recht flott. Wir bemühen uns dran zu bleiben, was recht gut gelingt. Ich kapiere, dass der kürzeste Weg nicht der schnellste ist. Man muss viel mehr die Strömungen im Fluss erraten. Die Zeit vergeht schnell bis zur nächsten Pause. Auch lassen wir uns unterwegs manchmal nur treiben, indem wir die Boote längsseits zusammen halten. „Flotten“ nennt man das. Wir sehen einen Seeadler ganz nahe und merken, dass er uns beobachtet. Enten und ähnliches Geflügel sehen wir auch hin und wieder im Fluss. Keine Bären und Elche. Kein Wunder, wir sind nicht gerade leise. Aber wahrscheinlich ist auch kein Tier in der Nähe. Aus Erfahrung weiß ich, dass Elche nur in der Dämmerung zum Weiden an die Flüsse kommen. Da sind wir nicht mehr am Wasser. Ich schaue mich begeistert um. Der Himmel strahlt dunkelblau und die Steilufer sind tiefgrün. Es ist sehr ruhig. Wir hören nur das Wasser am Kiel und die eigenen Paddelschläge. Mir beginnt dieses Abenteuer immer mehr Spaß zu machen.

Eine Insel ist unser erstes Lager. Früher war Henry Island eine kleine Niederlassung. Jetzt erinnern nur noch ein paar verfallene Blockhütten an die alten Zeiten. In alten Zeiten legten hier Raddampfer an und füllten ihre Holzvorräte auf. Wir beginnen die Boote auszuladen. Martin hat uns erklärt, in welcher Reihenfolge wir alles entladen sollen, wie wir die Zelte aufbauen sollen und ähnliches mehr. Das Küchenzelt macht er selber. Nach dem Lageraufbau gibt es erst einmal eine Kaffeepause. Ken und ich erkunden die Insel. Wir haben aber nichts Besonderes gefunden. Eine nette alte Bank am Steilufer lädt zu einer Pause ein. Viele Eichhörnchen hüpfen überall herum. Sie sind nicht wirklich scheu.

Anscheinend haben sie noch keine schlechte Erfahrung mit Menschen gemacht. Heinz und Katrin fahren mit dem Boot an eine andere Stelle und gehen baden. Das Wasser ist nicht wirklich kalt. Wir holen Bäume für Feuerholz.

Kenny liest sein Buch. Ich spreche den Bericht aufs Band und mache dann ein Lagerfeuer. Martin packt Hamburger aus und er grillt sie am Feuer. Super Burger mit allen Extras. Dann machen wir auch die Brötchen heiß und jeder macht sich zwei Spezialburger. Ken und ich holen mehr Feuerholz, während die anderen abwaschen und die Lebensmittel wieder verstauen. Alles muss bärensicher sein. Wir setzen uns rund ums Feuer. Es kommen verschiedene Diskussionen auf und die Zeit vergeht schnell. Ich bin ziemlich müde und gehe als erster schlafen. Kenny und die anderen bleiben noch auf. Kaum im Schlafsack, falle ich in tiefen Schlaf.

Tag 2

Ich habe super geschlafen, obwohl der Untergrund hart war. Es ist erst halb 7. Ich höre Geräusche von der Küche. Martin ist offensichtlich schon beschäftigt. Ich klettere aus dem Zelt. Es ist Dienstag, ein strahlender Tag kündigt sich an. Tagsüber soll es wieder sehr warm werden. Noch ist es aber kühl; 5 Grad vielleicht. Ich gehe mich waschen und suche mir die warme Jacke. Dann mache ich wieder Feuer und wecke Kenny. Erstes Highlight heute: Frühstück mit Speck, Eiern, Zwiebeln, Barns… getoastet am Feuer. Dazu wie immer Kaffee oder Tee. Danach löschen wir das Feuer und beginnen das Lager abzubauen. Alles muss wieder wie gehabt in den Booten verstaut werden. Wir haben uns alles gemerkt, und es sind keine Anleitungen notwendig. Bevor wir aufbrechen, machen wir noch kurze Übungen, um die kalten Muskeln zu lockern. Es ist halb 11, als wir endlich ablegen. Heute haben wir Rückenwind. Der Teslin ist hier ziemlich gerade, hat nur wenig Strömung. Die durchschnittliche Breite ist an die 150 Meter. Kennet steuert heute. Ich gebe Gas und mir wird schnell warm. Wieder sind wir die Langsamsten. Sind wir wirklich so schlechte Paddler oder haben wir das schwerste Boot? Ich zerbreche mir den Kopf darüber und gebe dabei mein Bestes. Wir machen Pausen und essen Nüsse und anderes Studentenfutter. Und weiter geht es den Fluss hinunter. Das Wetter ist unglaublich schön. Ich mache Fotos und trotz der Anstrengung genieße ich die an uns vorbeiziehende Natur. Mir wird wieder klar, welch Glück wir haben, dieses Abenteuer gemeinsam bestreiten zu können. Es gibt hier kaum Strömung und der Fluss liegt ganz ruhig da. Die Kanus spiegeln sich im Wasser. Genau wie der tiefblaue Himmel. Atemberaubend die Landschaft. Ich mache immer wieder Fotos. Verdammt, haben wir uns das verdient?

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Rindfleisch, Käse, Muffins, etc. gibt es in der Mittagspause. Anscheinend hat Martin an alles gedacht. Es gibt genug um unsere Bäuche bis zum Anschlag füllen zu können. Unser Geld wurde also erstklassig angelegt. Mit Grauen denke ich daran, was wir essen müssten, würden wir diese Tour alleine machen. Dann geht es weiter. Es fehlen noch 30 km. Endlich wird der Fluss etwas schneller. Das macht mehr Spaß. Einzelne Untiefen müssen wir nun rechtzeitig erkennen und darum herum paddeln. Das ist Abwechslung, daher angenehmer. Dann wieder ein Highlight. Ein Seeadler sitzt am Ufer auf einem Baum. Er lässt sich von uns nicht stören.

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Später legen wir wieder an. Pause. Im weichen Boden finden wir viele Spuren. Auch Bärenspuren. Dann auch andere Abdrücke. Wolf oder Hund? Wir finden auch Elchspuren. Anscheinend gibt es doch genügend Tiere hier. Wir müssen die Augen nur aufmachen. Aber da sind wir vielleicht schon wieder ein wenig zu schnell unterwegs. Wir paddeln weiter, und lassen uns wieder einmal treiben. Um halb 6 sind wir im angestrebten Camp. Ein kleiner Bach von links rinnt in den Teslin. Eine ziemlich schnelle Strömung macht das Anlanden schwierig. Aber allen gelingt die Anlandung. Das Ufer ist steil und wir bilden eine Menschenkette. So bringen wir alle Sachen nach oben. Die Frauen gehen erst einmal baden. Ich kühle Biere ein. Dann bauen wir die Zelte auf. Zuerst unseres, dann Martins Zelt und wir helfen auch Nadine bei ihrem Zelt. Zelte und Brennholz sind unsere Stärken. Martin macht Kaffee, geht auch baden. Ken liest seinen „Marsianer“ weiter. Nun fängt Martin zu kochen an, während ich ein wenig fischen gehe. Ich fange einen Babyfisch und sonst nichts. Die Strömung im Teslin ist hier viel zu stark. So werde ich keine Fische fangen. Nach einer Stunde gebe ich auf und es gibt Essen. Feuer hat Heinz gemacht. Wir hauen wieder wie wild rein. Es gibt Reis mit Pilz- und Hühnersauce. Dazu grünen Salat. Alles frisch. Wir essen große Portionen. Auch Kenny, der Schwammerl ja nicht so gerne mag, füllt sich den Bauch. Wir drücken uns vor dem Abwasch, sammeln dafür Holz und sägen Stämme. Wir sehen eine Bewegung zwischen unseren Zelten, die gute 30 Meter weg stehen. Es ist jedoch nicht wie erhofft oder befürchtet ein Bär, sondern ein Stachelschwein. Es trottet ganz gemütlich davon. Wir setzen uns rund um das Feuer. Ich genehmige mir ein Bier. Es ist wieder recht nett. Um halb 11 gehen die ersten schlafen. Kenny und ich bleiben bis um Mitternacht sitzen. Wir unterhalten uns über die bisherige Reise und ich versuche ihm klar zu machen, wie einzigartig diese Momente in unser beider Leben sind. Dann gehen wir im Dunkel Zähne putzen, und wir müssen auch noch unser Zelt einrichten. Wir nehmen uns vor, dies in Zukunft noch bei Tageslicht zu machen. Bald schlafen wir erschöpft ein.

Tag 3

Heute ist bereits Mittwoch. Erstmals habe ich so richtig gut geschlafen. Ich gewöhne mich an den harten Untergrund. Es war warm im Schlafsack. Um halb 8 wurden wir beide geweckt, weil unsere Mitreisenden bereits frühstücken. Bald sind auch wir bereit. Heute gibt es Porridge mit vielen guten Zutaten. Auch Kaffee, Kakao und Tee. Danach mache ich schnell Feuer und wir bauen die Zelte ab, während die anderen den Abwasch machen. Erst nach 10 haben wir die Boote beladen und sind abfahrbereit. Alles braucht eben seine Zeit.

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Wir kommen gut aus dem Kehrwasser, in Englisch Eddy genannt, und paddeln los. Heute sind auch schnelle Stellen dabei, teilweise spritzig, teilweise sehr seicht und breit. Es macht Spaß. Kenny sitzt hinten und steuert. Wir geben Gas und ich bekomme eine Blase an der Hand. Ich beginne bald unter der dicken Schwimmweste zu schwitzen, und wir sind trotz Anstrengung wieder einmal die langsamsten. Unterwegs machen wir einen kurzen Stopp nach einer sehr seichten Stelle und versuchen zu fischen. Ich fange sofort eine Äsche. Kennet fischt weiter, während ich den Fisch ausnehme. Ich bin gerade fertig, da fängt auch Kennet eine Äsche. Ich nehme auch diese aus, dann paddeln wir weiter.

Mittagspause machen wir bei einer alten Blockhütte. Bärenspuren sind hier überall. Es gibt wieder Wurst, Käse, Fladen, Rohgemüse. Es schmeckt uns ausgezeichnet. Danach rasten wir eine Weile. Ich nehme mir meine Angel und beginne wieder zu fischen. Ein kleiner Bach mündet hier in den Teslin. Eine gute Stelle. Auch Martin und Heinz gesellen sich zu mir. Martin fängt eine Äsche. Kurz darauf habe ich ebenfalls eine große am Haken, aber sie löst sich, bevor ich sie an Land habe. Gleich darauf eine kleine, die ich wieder freilasse. Martin hat seine zweite, da fängt auch Heinz eine schöne Äsche. Dann erwische ich noch eine schöne große. In Summe haben wir nun 6 größere Fische. Heute am Abend gibt es Fisch. Ken protestiert und verschenkt seinen Fisch. Fröhlich geht es weiter.

Es gibt auch am Nachmittag ein paar schnellere Stellen, die wir aber ohne Probleme bewältigen. Wir laufen das Camp auf der rechten Seite an. Da wir zu weit davor anlegen, müssen wir noch 100 Meter bis zum eigentlichen Lagerplatz gehen. Also treideln wir die Boote das Stück den Teslin hinunter. Dabei habe ich Glück gehabt. Der von Kennet getreidelte Bug des Bootes bleibt an einem Felsen hängen, und die Strömung drückt das Heck sofort nach außen. Da ich das Seil um meine Hand gewickelt habe, wäre ich fast aufs Wasser raus geschleudert worden. Zum Glück hat Kenny schnell reagiert und das Boot wieder frei bekommen. Wie immer müssen wir alles ausräumen und die Küche aufbauen. Anschließend kommen Danach kommen die Zelte dran, unser großer Auftritt.

Da es wieder schön und warm ist und wir unter der Schwimmweste ordentlich geschwitzt hatten, beschließen wir, heute einen Reinigungstag einzulegen. Wir suchen uns eine geeignete Stelle im Fluss, hüpfen rein, überwinden die unangenehme Kälte und tauchen unter. Damit ist das Schlimmste geschafft. Ken braucht wie immer etwas länger, um sich zu überwinden. Wir seifen uns (biologisch abbaubar) ein und tauchen noch einmal unter. Schnell trockne ich mich ab und ziehe sauberes, frisches Gewand an. Ein echt gutes Gefühl.

Ken sucht sich eine gemütliche Stelle und liest wieder, und ich kümmere mich um mein Tagebuch. Die Frauen gehen schwimmen im nahen Bach, der noch ein paar Grade kälter ist. Währenddessen studiere ich mögliche Fischgründe und als ich einen Stein am sonnenbeschienenen Ufer entdecke, setze ich mich hin und versuche mir bewusst zu werden, wie toll es hier ist.

Danach sammeln Ken und ich Holz und schneiden es. Ich mache ein Lagerfeuer und wir lassen den Tag langsam ausklingen. Dieser Tag war echt super, aber noch wartet ein wenig Arbeit auf uns.

Wir Männer entschuppen die Fische, Martin und die Frauen zaubern ein tolles Fischgericht. Gefüllt mit Zitronen und Zwiebeln, in Folie am Lagerfeuer geröstet, entwickelt der Fisch eine ausgezeichnete Geschmacksnote. Dazu gibt es Reis und frischen Salat. Total knackig. Wir sind uns alle einig, dass wir trotz der Wildnis kulinarisch echt verwöhnt werden. Dies wäre, falls Kennet und ich die Reise alleine gemacht hätten, unmöglich gewesen.

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Danach machen wir das Feuer größer und wärmen uns daran. Es gibt wieder einiges zu erzählen. Um halb 12h gehen wir alle schlafen. Ich falle auf meine Matte, klettere in meinen Schlafsack und schlafe augenblicklich ein. Auf dieser Reise brauche ich keine Tabletten mehr. Schlaflosigkeit ist hier nicht möglich. Dafür sind wir zu erschöpft.

Tag 4

„Heute ist der 4. Tag“ ist das erste, was ich mir denke, als ich um 7h munter werde. Ich schaue raus. Blauer Himmel, wieder Traumwetter. Ein Glücksgefühl übermannt mich. Ich wecke Ken recht liebevoll und ziehe mich an. Nach der Morgentoilette machen wir gleich ein Lagerfeuer. Frühstück ist diesmal Müsli mit Schoko, Beeren, Nüssen, Kokos, usw. Wir langen alle reichlich zu. Mir ist schon aufgefallen, dass wir viel mehr essen als zu Hause. Liegt wohl an der frischen Luft und den doch recht anstrengenden Paddeltagen.

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Erneut müssen wir alles abbauen. Jeder kennt inzwischen seine Aufgaben. Und wir sind recht flott unterwegs. Heute sind wir bereits um 9:45h fertig. Martin verrät uns, dass heute stolze 67 km auf uns warten. Eine Monsteretappe. Aber da müssen wir durch. Kenny entscheidet sich wieder für die Steuermannposition. Wir machen unsere Übungen und fahren alle problemlos in die Strömung. Heute habe ich Handschuhe an, diese schützen meine Hände ein wenig gegen Blasen. Die Schuhe sind bald warm, genau wie mein ganzer Körper. Ich schätze die angenehme Wärme in den Neoprenschuhen, aber stinken tun sie trotzdem. Heute hat der Teslin viele Kurven, kaum schnellere Stellen, aber eine gute Fließgeschwindigkeit. Immer wieder schaue ich mir die aufragenden Wände in den Außenkurven an, in denen sehr oft Seeschwalben nisten. Oben brechen Bäume herunter, da der Fluss die Berge mehr und mehr abträgt. Dazwischen bleiben Zinnen mit härterem Gestein übrig, die sogenannten Hoodoos. Wir machen ab und zu eine Pause. Unterwegs sehen wir wieder einen Adler und sogar einen Horst. Erst um 13:45h ist diesmal Mittagspause. 4 Meter über dem Wasser. Wir tragen die Campingtische hinauf. Es gibt wieder Wurst und Käse. Der Wind ist kühl, aber die Sonne scheint weiterhin. Mit Schwimmweste ist es leicht auszuhalten. Das Wasser ist auch hier nicht wirklich kalt. Nadine und Katrin gehen jeden Tag schwimmen. Ich bewundere ihre Härte und Ausdauer. Man merkt ihnen jedoch heute an, dass die stundenlangen Paddeltage sie doch auch etwas mitnehmen. Auch sie sind langsamer geworden.

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Wir plaudern heute mehr im Boot, da die Etappe sehr lang ist, und wir es vermeiden wollen, dass es langweilig wird. Kennet erzählt mir über sein Buch und vieles mehr. Wir fahren durch einen Wald, der nur aus Baumgerippen besteht. Bei unserer nächsten Pause suchen wir ein paar alte Blockhüttenruinen von früher. Dort liegt ein alter Motor am Wasser, und wir sehen auch andere Eisenteile. Hier wurde einmal Goldabbau versucht. Wahrscheinlich nicht sehr erfolgreich. Nach einer halben Stunde Pause fahren wir weiter.

Wie immer sind wir die letzten und wissen nicht warum. Hin und wieder treiben wir. Es ist sehr heiß, wann immer der Wind aussetzt. Die Kilometer werden nur langsam weniger. Müsliriegel und Nüsse gibt es während jeder Pause. Martin weiß, wie er die Moral hoch hält. Die Zeit vergeht und alle freuen sich auf das Ende der Etappe. Fast 70 km bei wenig Strömung sind doch recht viel. Vielleicht schon zu viel? Mason Landing heißt unser Camp von heute. Wir landen so um halb 6 am Ziel an und bauen unser Zelte auf einer Sandbank auf. Nur Martin will sein Zelt im Wald aufgebaut haben. Ken und ich bauen Martins, Nadines und unser Zelt auf. Nadine und Martin kümmern sich gleich um die Küche. Wir gehen dann alle schwimmen. Das Wasser ist nicht wirklich kalt und erfrischend nach dem langen anstrengenden Tag.

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Ich schaue mir die Gegend an und finde ein anderes mögliches Camp 200 Meter weiter. Ich beginne dort zu fischen. Ken kommt vorbei und leistet mir Gesellschaft. Dann liest er sein Buch weiter. Um halb 9 höre ich auf, da ich bereits 2 Blinker verloren habe. Wir gehen zurück und bringen statt den Fischen einen trockenen Baum mit. Heute gibt es Reis mit „stir-fried vegatables and meat“. Es ist wieder sehr gut und wir essen riesige Portionen. Danach vergrößern wir das Feuer und stellen unsere Hocker im Kreis. Wir plaudern über alle möglichen Themen und die anderen trinken Wein, während ich mir ein Bier gönne. Um halb 12 gehen wir alle todmüde schlafen. Ich bin wie jeden Tag sofort eingeschlafen. Es war heute ein toller Tag. Traumhafte Landschaft. Gute Flussströmung. Schöne Natur. Gutes Paddeln, wenn auch etwas zu lang. Aber wir sind alle sehr zufrieden. Ich schlafe tief und fest.

Tag 5

Um 10 Minuten vor 7 schaue ich auf die Uhr. Ich bin munter und fühle mich gut. Die Luft scheint recht kalt zu sein. Ich fische mir mein Leibchen in den Schlafsack, um es etwas zu wärmen. Kenny wird auch munter. Ich gratuliere ihm zum Geburtstag. Er freut sich. Dann schnell ins Leibchen und raus, sonst mache ich mich an. Das Zelt ist sehr nass. Das Kondenswasser von der Kühle des Flusses hat innen und außen alles nass gemacht. War es doch nicht so gescheit, direkt am Wasser im Sand zu campen?

Wir versuchen ein Feuer zu machen. Gar nicht so einfach, da alles sehr feucht ist. Aber nach drei Versuchen brennt es dann doch. Heinz und Katrin schenken Kenny ein kleines improvisiertes Packerl. Ich gebe ihm das Geschenk von Erika. Er grinst und steht im Mittelpunkt. Alle gratulieren und singen "Happy Birthday". Martin bringt eine Melone mit Kerze. Es ist lustig und wir machen Fotos. Die Party soll aber erst am Abend steigen.

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Heute gibt es wieder Porridge mit heißen Kaffee und Tee. Dies wärmt und treibt die Feuchtigkeit aus dem Körper. Danach werden wie immer die Abfälle verbrannt, inkl. Klosackerl, oder - wie unsere nördlichen Freunde sagen - Toilettentüten.

Danach die üblichen Arbeiten. Alle Zelte werden abgebaut. Martins Zelt ist trocken. Er hat schon gewusst, warum er sein Zelt im Wald haben wollte. Die Unterseite unserer Zelte ist voller Sand. Dies ist unangenehm, da er durch die Feuchtigkeit kleben bleibt. Aber das Wetter ist auch heute schön. 5 bis 6 Grad in der Früh, und die Sonne kommt bereits heraus. Wir packen wieder alles zusammen. Haben heute etwas Verspätung. Kenny macht noch Wasser; er ist nun auch unser Wasseraufbereitungsmeister. Dann alles in die Boote. Morgendliche Übungen. Heinz gestaltet dies heute recht lustig. Mit Schwung wird abgelegt. Heute haben wir nur noch 30 km bis zum Yukon. In Hootalinqua ist Mittagspause geplant. Es geht auch etwas Wind und es ist nicht zu heiß. Viele Kurven bestimmen den Unterlauf des Teslin. Überall mächtige Wände. Schon sehr beeindruckend. Wir sind wieder die langsamsten und wissen immer noch nicht warum. Kennet bemüht sich, sagt er. Wir dürften wirklich ein technisches Problem haben. Paddeln ist eben eine Wissenschaft. Aber wir bleiben heute dran.

Pinkelpause im Kehrwasser. Wie immer plaudern wir eine Weile, essen Nüsse und Trockenfrüchte und bald geht es weiter. Der Fluss ist recht schnell und wir sind in einer langgezogenen Linkskurve als wir den anderen erstmals näher kommen. Speziell die beiden Frauen haben sich tapfer geschlagen, dürften jedoch nun schon sehr müde sein. Der Wind ist heute wieder gegen uns. Irgendwann erreichen wir den Yukon. Die dunkle Farbe des Teslin wird abrupt von der leuchtend grünen Farbe des Yukons abgelöst. Ich bin da! Mein Traum hat sich erfüllt. Ich bin am Yukon! In Hootalinqua, der ehemaligen Telegrafenstation, legen wir an. Es ist heute ein Museumsdorf. Die Gebäude werden erhalten und es gibt Picknickbänke, wo wir unsere Mittagspause machen. Satt vom Essen entschließen wir uns, die Hütten genauer anzuschauen.

Nachdem wir alles in Hootalinqua inspiziert haben, benutzen wir noch richtige Toiletten (Outhouses), die dort aufgestellt wurden. Ein wahrer Luxus.

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In einem km Entfernung befindet sich auf einer Insel ein alter Schaufelraddampfer, die Evelyn. Sie ist dort seit den 50er Jahren am Trockendock. Viele Eichkätzchen begleiten uns zu dem alten Schiff im Wald. Wir machen ein paar Fotos und raten, wie dieses Schiff auf den höchsten Punkt dieser Insel gezogen wurde. Danach spazieren wir wieder zurück zu den Booten. Jetzt sind es noch 28 km bis zum geplanten Camp. Nun geht es am Yukon weiter. Die Strömung ist hier eindeutig höher. Martin gibt gleich wieder Vollgas. Wir paddeln gemütlich hinterher. Bald sind wir einen km hinter den anderen Kanus. Es ist uns aber egal. Wir haben ja schon mehrmals deutlich gemacht, dass wir hier auf Urlaub sind und nicht auf der Flucht. Irgendwann wartete die Gruppe auf uns. Wir erklären nochmals, dass wir langsamer unterwegs sind, uns dafür aber mehr die Gegend ansehen.

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Danach fahren wir alle langsamer weiter. Wir kommen am Wrack der gesunkenen Klondike vorbei. Aber da wir Niedrigwasser haben, sehen wir das Wrack an der Oberfläche. Außer der Bodenplatte ist von dem alten Dampfer nichts mehr übrig. Erneut passieren wir ein riesiges Gebiet mit verbrannten Baumstümpfen. Wir machen Pause und lassen uns treiben. Es ist nur noch eine halbe Stunde bis zur Insel - unserem heutigen Ziel. Dies ist eine Kleinigkeit. Inzwischen ist die Sonne verschwunden und Wolken sind aufgezogen. Wir haben die Insel plötzlich rechtsseitig vor uns und landen an. Diesmal ist es eine flache Insel mit Büschen und einem Erlenwald. Alles schaut anders aus, da die Erlen nur 3 Meter hoch sind. Die Fichten sind irgendwann in den 70er Jahren verbrannt. Wir gehen an Land und entscheiden, wo wir das Camp aufbauen. Dann laden wir alles aus und bauen die Zelte auf. Martin und Nadine machen das Küchenzelt. Heinz hilft ihnen dabei. Da diesmal keine Bäume da sind, verwendet Martin die Paddel als Stützen und die Boote als Gegengewicht. Kaum sind wir mit den Arbeiten fertig, beginnt es zu regnen. Ich gehe zum Ufer des Yukon, mache mir ein Bier auf und setze mich auf unser Kanu. Mir wird bewusst, wo ich mich befinde. Leichter Regen trommelt aufs Boot, ich schlürfe andächtig mein Bier, den Yukon direkt vor mir. Lautlos ziehen die Wassermassen vorbei. Wie schon seit Jahrmillionen. Ich werde sentimental. Jahrzehnte habe ich genau auf diesen Augenblick hingearbeitet. Jetzt bin ich endlich da. Der Yukon, mein Kindheitstraum. Und dies alles mit meinem Sohn. Und der feiert heute seinen 16. Geburtstag. Ist dies nicht wunderbar? Ich bin ein glücklicher Mensch. Tränen steigen auf und rollen über die Wangen. Genau jetzt schaut Ken vorbei. Er sieht mich und fragt, ob ich traurig sei. Ich verneine und sage ihm, dass ich genau das Gegenteil fühle, dass ich so richtig glücklich bin. Genau an seinem Geburtstag am Yukon! Ein wichtiges Datum in unser beider Leben. Wir machen ein paar Fotos, reden eine Weile miteinander und beginnen, Holz zu sammeln. Der Regen hört auf. Kennet wünscht sich als Festmahl Spaghetti. Martin ist begeistert. Nichts geht schneller. Er macht sogar eine Carbonara Sauce für ihn, während wir sie mit Lachssauce essen. Die Sonne kommt hinter den Wolken hervor und wir bekommen einen schönen Regenbogen zu sehen. Das alles nur für das Geburtstagskind. Als Nachspeise gibt es die Melone und Kennets Geburtstagstorte wird ebenfalls auf 6 Teile geteilt. Vorher mache ich Fotos. Die haben wir Erika versprochen.

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Es gibt zur Feier des Tages ein großes Feuer und eine Marsh Mellows Geburtstagsparty. Martin erklärt uns, was S’mores sind. Kennet ist ein Experte für Marsh Mellows und macht die schönsten karamellisierten Stücke. Katrin kennt dies nicht, probiert auch und bald essen alle die süßen Versuchungen. Wir plaudern und die Zeit vergeht wie im Fluge. Um halb 12 gehen wir dann langsam schlafen. Ken und ich sind wieder die letzten. Es wird schon ziemlich dunkel. Wir klettern ins Zelt und ich schlafe wie immer sofort ein. Ich höre gerade noch, dass Kenny seine Party cool fand.

Der Abend war wirklich gelungen und Kennet wird diesen Geburtstag wahrscheinlich nicht so schnell vergessen.

Tag 6

Heute ist Samstag. Ich werde wieder kurz vor 7h munter. Ich reagiere anscheinend auf das Geräusch des Gaskochers. Nach ca. 5 Minuten klettere ich aus dem warmen Schlafsack. Es ist wie üblich sehr kalt am Morgen und wir ziehen unsere warmen Jacken an. Frühtoilette ist heute nicht so einfach, da das Ufer sehr flach ist und man sich sehr schwer waschen kann. Ken steht auch auf. Matin hat sich heute wieder selbst übertroffen. Es gibt Pancakes mit Blaubeeren oder Cranberrys. Kenny ißt sie mit Nutella, die anderen mit Ahornsirup. Wir füllen unsere Bäuche, denn wir brauchen wieder Kraft. Es ist bedeckt heute und wir wissen nicht, wie das Wetter werden wird.

Wir verbrennen die Abfälle, bauen das Lager ab und starten um halb 11h mit unseren beladenen Booten. Schneller geht es einfach nicht.

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Kennet haut ziemlich rein. Er ist gut drauf nach all den Pancakes. Heute warten 47 km auf uns. Am Big Salmon River werden wir eine Pause einlegen. An dem Goldrush Camp bei der Mündung soll Mittagspause gemacht werden. Aber zuerst muss einmal gepaddelt werden. Diesmal geht alles etwas langsamer. Katrin und auch wir dürften mit unserer „Beschwerde“ durchgedrungen sein. Der Fluss macht viele Windungen und Kurven. Kennet sitzt wieder hinten und paddelt recht motiviert. Irgendwann kommt die Sonne raus. Die Wälder sind dunkelgrün, der Himmel ist blau, und der Yukon türkis. Die Strömung ist schneller als am Teslin.

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Nach 2 Stunden erreichen wir bereits das alte Camp am Big Salmon. Die alten Hütten sind nur Ruinen. Eine neue Hütte wurde gebaut für die vielen Paddler, die hier vorbei kommen. Es gibt sogar Bänke und Tische. Nach der Pause geht es weiter. Das Ufer ist sehr abwechslungsreich. Einmal sehr steil, dann wieder flach. Bald erreichen wir unseren Platz für die Mittagspause. Es gibt dort im Wasser noch eine Dredge und andere alte Sachen. Auch einige verfallene Hütten. Wir essen wieder viele gute Sachen, inkl. Aufstriche, und Gemüse.

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Plötzlich taucht ein Boot mit zwei jungen Kanadiern auf. Die ersten Menschen nach 6 Tagen. Sie zeigen uns Fotos von einem Luchs, den sie gesehen haben. Die letzten 7 km lassen wir uns treiben. Unser heutiges Camp Erikson’s Woodyard liegt so ca. 8 Meter über dem Fluss und es gefällt uns sofort. Wir schleppen die Ladung hinauf und schwitzen ganz schön. Das Lager ist schön gelegen. Kenny und ich entscheiden uns für einen Badetag. Wir gehen in den Yukon schwimmen und säubern uns. Gar nicht so einfach bei der Strömung. Kennet gefällt es so gut, dass er nicht mehr raus will. Er versucht gegen den Strom anzuschwimmen. Vergeblich. Das Wasser ist 12 bis 14 Grad „warm“ und ist trotzdem auszuhalten. Erfirscht trinken wir Kaffee und essen Kekse. Wir sitzen und plaudern und sind zufrieden mit dem Leben. Doch woher kommt plötzlich der Lärm? Ein Erdmännchen versucht, eine unserer Vorratsboxen auszuräumen. Wir können es verhindern, doch der kleine Kerl gibt nicht auf. Es kommt zu einer Dauerfehde bis zum nächsten Morgen.

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Ich gehe wieder einmal fischen. Leider ohne Erfolg, so sammle ich danach Brennholz für das Feuer, damit ich auch etwas Sinnvolles mache. Wir machen ein Lagerfeuer. Danach gehen wir im Wald spazieren. Wieder ohne größere Tiere gesehen zu haben. Kaum zurück, wird schon gegrillt. Martin macht Spareribs, Maiskolben und dazu Süßkartoffel. Ich hole mir ein Bier und wir fangen zu essen an. Kaum fertig, beginnt es zu regnen. 20 Minuten später kommt wieder die Sonne raus. Ein wunderschöner, doppelter Regenbogen überspannt den Yukon. Ein unglaublich faszinierendes Bild. Der Yukon unter uns ist mystisch schön mit seiner türkisen Farbe. Wir sind begeistert, aber auch ergriffen von all der Schönheit.

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Kennet hat Bäume gesägt und das Lagerfeuer vergrößert. Wir sitzen auf unseren Hockern rund ums Feuer und plaudern. Nebenbei ist mir auch aufgefallen, dass es Kennet nicht langweilig ist. Er hat immer was zu tun. Zwischendurch liest er ein paar Seiten, aber es ist keine Zeit zum Karten spielen, oder ähnliches. Wir sind auch wieder die letzten, die schlafen gehen und machen das Feuer aus. Wir gehen noch runter zum Fluss, der in der Dunkelheit wie ein silbernes Band dahin zieht. Wir waschen uns und putzen die Zähne. Es ist sehr dunkel, als wir ins Zelt klettern, wo ich wie jeden Tag sofort einschlafe.

Ich sollte hier noch einmal anmerken, dass wir beide vom Küchendienst befreit sind. Wir machen dafür gerne die Zelte, sammeln Holz, machen Feuer, filtern Wasser, usw. Dies alles ist so wirklich unseres.

Tag 7

Heute ist bereits der 7.8., unser vorletzter Paddeltag. Bin erst um 7:15h munter geworden. Bin dann schnell aus dem Schlafsack und wecke Kennet. Ich gehe mich waschen. Es ist wieder sehr frisch. Ich platziere unsere Sessel rund um die Feuerstelle. Wir holen Holz, Heinz und ich machen Feuer. Heute essen wir wieder Porridge mit Äpfel und Kokos, Mandeln, Nüssen und einiges mehr. Das Erdhörnchen ist auch wieder da. Daher haben wir unsere Säcke in der Nacht auch aufgehängt.

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Nach dem Frühstück die übliche Routine. Der Gang mit dem Spaten, die Zelte abbauen, Wasser filtern, Müll verbrennen, das Feuer löschen, die Boote beladen. Alles hat seinen Rhythmus.

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Heute sind es auch wieder 41 km. Aber der Yukon fließt ja recht schnell. Ich habe gemischte Gefühle. Einerseits bin ich froh, dass die Etappe doch relativ kurz ist, andererseits möchte ich ja lange unterwegs sein. Zu schnell geht dieses Abenteuer dem Ende zu. Es ist wieder wolkenlos und wird bereits wärmer, als wir unsere Boote abstoßen. Heute sind wir erst um 10:40h aufgebrochen. Alles die Böschung runtertragen und festzurren braucht doch seine Zeit. Kenny und ich sind etwas träge heute und wir sind die letzten. Die Stimmung ist aber ausgezeichnet, obwohl alle sagen, dass sie schon ziemlich müde sind. Nach den Auflockerungsübungen geht es los. Wir paddeln nicht zu schnell, aber doch recht zügig. Bald schwitze ich wieder unter der Schwimmweste. Nach nicht einmal einer Stunde machen wir eine Pause. Wir fischen eine Weile. Erfolglos. Fahren einen Kilometer weiter, landen noch einmal an, fischen wieder. Heinz fängt einen schönen Fisch, den er aber wieder aussetzt. Martin und ich erwischen leider nichts. Kennet baut einen Damm, während die Frauen im Schatten rasten und plaudern. Wir entscheiden, dort gleich das Mittagessen zu machen. Heute mit Bagles, Cream Cheese und Lachs. Wie immer als Nachspeise eine große Tafel Schokolade. Am Fluss sehen wir die beiden Kanadier vorbei paddeln. Erst nach 3 Uhr paddeln wir weiter.

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Nach einer Stunde flotten wir eine Weile. Dann paddeln wir wieder und legen beim Indianerfriedhof am Little Salmon River an. Wir schauen uns den Friedhof an und gehen zu einem Versammlungsplatz der lokalen Indianer, der aber jetzt ganz verlassen da liegt. Danach gehen wir zu den Booten zurück. Unterwegs fällt mir wieder einmal auf, wie viele Pilze es hier gibt. Man könnte sie tonnenweise pflücken. Aber man muss sich wohl auskennen, damit man auch die wirklich schmackhaften erntet.

Es verbleiben nur noch 7 km bis zum Ziel. Aber nun kommt Nordwind auf und wir kommen kaum mehr weiter – so scheint es zumindest. Ein Wanderkayak-Fahrer überholt uns weit draußen. Die dritte Person, die wir heute sehen. Hier ist der Yukon sehr breit. Martin erzählt uns, dass wir riesiges Glück haben. Keine Moskitos und immer gutes Wetter. Dies ist ihm bisher nie passiert. Mir ist klar, wie recht er hat.

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Wir kommen doch am Mandanna Creek an und richten unseren Lagerplatz ein - leeren die Boote und stellen die Zelte auf. Heute in 3 Minuten und 5 Sekunden. Schaffen wir es noch unter 3 Minuten? Wir haben viele weitere Chancen. Wir suchen trockenes Feuerholz. Martin geht baden. Kennet liest und die anderen drei sitzen zusammen, trinken Kaffee und plaudern. Ich gehe eine Stunde fischen. Erwische aber nur eine kleine Äsche, die ich wieder reinwerfe. Ich gehe zurück und sehe dass Martin bereits am Kochen ist. Ich setze mich ans Ufer und genieße die Aussicht. Wälder, Berge und der grüne Fluss. Die Erlen sind sehr hoch hier, die Fichten irgendwann abgebrannt. Die Sonne scheint nach wie vor. Es ist immer noch warm.

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Kennet hat im Wasser wieder einen kleinen Pool gebaut, um unsere Getränke einzukühlen, danach sägen wir Holzstämme in Stücke und machen ein Feuer. Die Motivation aller ist nach wie vor sehr hoch und die Stimmung ist einfach super. Zum Abendessen gibt es eine Art irische Lasagne. Sie ist ausgezeichnet und wir trinken Bier und Wein dazu. Kurz vor 10 hören wir fremde Geräusche. Ein Boot taucht auf und zwei Burschen fragen, wo sie eigentlich sind und ob sie bei uns zelten dürften. Wir haben nichts dagegen und sie holen ihre Freunde in einem zweiten Boot. Die vier, drei Burschen und ein Mädchen, entladen schnell ihre Kanus und bauen ihr Camp auf. Es stellt sich heraus, dass sie Österreicher sind und aus Marchegg kommen. Sie machen sich Abendessen, braten Fische, erzählen von ihrer Reise und zeigen uns Bilder. Unter anderem auch vom Polarlicht, welches wir hier noch nicht gesehen haben. Es entsteht eine lustige Unterhaltung. Ich gehe aber bald schlafen. Ken und Martin sitzen mit den Burschen bis halb 1.

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Tag 8

Heute ist Montag, unser letzter Paddeltag. Wir wollen bis Carmacks kommen, und uns so einen weiteren halben Tag am nächsten Morgen ersparen. Es ist bewölkt, aber wir sehen auch blaue Flecken am Himmel. Frühstück ist heute ein Resteessen, und wir hauen kräftig rein. Danach machen wir ein Lagerfeuer. Die Zelte sind trocken und wir bauen sie zufrieden ab. Heute sind wir bereits um dreiviertel 10 fertig. Toll. Dann eine Besprechung und Turnübungen, und schon sind wir abfahrbereit. Wir sind alle recht gut drauf. Das Wetter passt. Martin ist ein ausgezeichneter Guide, der unsere Moral hoch hält. Wir stoßen die Kanus vom Ufer ab. Auf zu neuen Abenteuern!

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Wir haben wieder gute 40 km vor uns. Der Fluss ist etwas langsamer als gestern. Nach einer Stunde machen wir Pause auf einer Insel. Wir finden wieder etliche Bärenspuren. Ich fische eine halbe Stunde. Ohne Erfolg. Dann paddeln wir weiter. Es ist uns bewusst, dass dies unser letzter Tag am Fluss ist. Mittags finden wir einen guten Platz für unsere Pause. Das Essen ist gut und vielfältig. Nach einer Stunde geht es wieder weiter. Da hören wir plötzlich ein Auto, irgendwo oben am Highway. Ein komischer Ton nach 9 Tagen ohne künstliche Geräusche. Die Zivilisation holt uns wieder ein. Wir sehen auch heute wieder einen schönen Adler. Wir paddeln nicht sehr intensiv, flotten auch mehrmals. Die Strecke ist nicht besonders weit. Bei mir kommt auch ein wenig Wehmut auf. Zu schnell ist dieses kurze Kapitel in meinem Leben vorbei gegangen. Aber ich werde diese Tour ganz sicher für immer in Erinnerung behalten.

Am Nachmittag landen wir in Carmacks an, entleeren die Boote und putzen sie im Anschluss. Heute sind Kenny und ich bei der Arbeit die langsamsten, wir haben ja Zeit. Wir tragen auch unser Boot rauf und geben die Ausrüstung dazu. Paddel und Schwimmweste brauchen wir nun nicht mehr. Schade.

Im Camp schaut alles anders aus. Es gibt Bänke und eine Feuerstelle, auch wieder Duschen und Toiletten. Wir machen Feuerholz mit einer Axt aus vorbereiteten Rundhölzern. Dann gehen wir in den Shop auf ein Eis. Es gibt auch WLAN und wir können einen Rundruf in die Heimat absetzen. Ja, die Zivilisation hat uns wirklich wieder eingeholt.

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Danach gehen wir duschen und machen Feuer. Wir essen Spiesse mit Wapiti und Bisonwurst. Dazu gibt es Couscous. Wir zerkleinern Holz und machen ein großes Feuer. Bei Keksen und Schokolade lassen wir unser gemeinsames Abenteuer ausklingen. Heinz überreicht Martin ein kleines geschnitztes Paddel als Dankeschön der Gruppe.

Wir alle sind sehr mit dieser Tour zufrieden. Ich würde mit Martin sofort eine weitere Kanutour starten. Aber leider hat alles einmal ein Ende…

-- GuenterDollhaeubl, 11.2016

2016-11-11 / 2016-11-27