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20160127-223257
Kurzgeschichte von GuenterDollhaeubl

Tief hängen die Zweige der Birken und Erlen über die flachen Ufer des Long Lake. Das Laub ist noch grün, aber einen gelben Schimmer kann man da und dort schon erahnen. In weniger als vier Wochen wird hier alles im Farbenrausch explodieren. Der Indian Summer ist nicht mehr weit. Wir haben uns in Deerlake am Campingplatz ein Kanu gemietet und paddelten nun seit einer guten Stunde am Ufer des Long Lake entlang. Der See ist zur Gänze mit Laubwald umgeben, und nur hin und wider sehen wir ein Häschen durch die Zweige schimmern. Wochenendhäuser für amerikanische Naturliebhaber aus dem Staat New York. Wir plaudern während der Tour und genießen die warmen Sonnenstrahlen. Am Abend wird es nun im September schon recht kühl. Wir freuen uns darüber, in diese Gegend gekommen zu sein, und ein paar unvergessliche Tage in den Adirondacks verbringen zu können. Während wir noch so reden verdunkelt sich die Sonne im Süden und wir sehen eine dunkle Wolke heranziehen. Ein Gewitter braut sich zusammen. Die durch den Wald eingeschränkte Sicht hat uns diesen Umstand erst recht spät erkennen lassen. Während wir noch darüber diskutieren, welche Optionen wir haben, und für welche wir uns entscheiden sollen, beginnt der Wind aufzufrischen. Also wird die Entscheidung recht leicht. Wir paddeln ans Ufer um das Gewitter abzuwarten. Fünf Minuten später paddeln wir knapp am Südufer entlang und suchen eine passende Anlegestelle. Doch gerade hier drängt dichtes Unterholz bis ans Ufer heran und erlaubt kein problemloses Anlanden. Nach ein paar weiteren Minuten erreichen wir eine Stelle mit spärlichem Baumbewuchs. Nur Beeren und andere Büsche wuchern auf jener Halbinsel. Wir landen an und ziehen das Boot ans Ufer. Inzwischen hat die dunkle Wolkenwand uns fast erreicht. Wir sehen uns um, finden aber keinen Baum mit einem starken Ast an den wir das Boot aufstellen können um es als Unterstand zu verwenden. Aber wir können es an den Stämmen von zwei Birken anlehnen und uns darunter auf unseren Sack setzen, nachdem wir die Regenumhänge angelegt hatten. Kaum war dies geschehen fallen die ersten schweren Tropfen. Kurz darauf geht es so richtig los. Wir aber sitzen unter dem Kanu im trockenen, essen Müsliriegel und schauen auf das Unwetter hinaus. Das Wasser trommelt auf das Boot, so dass eine Unterhaltung kaum möglich ist. Aber es ist gemütlich und wir frieren nicht. Der moosige Boden saugt den Regen wie ein Schwamm auf und es bleibt vollkommen trocken unter unserem Unterstand. So schnell wie der Regen gekommen war, war er auch wieder abgezogen. Wir haben unser Boot noch nicht wieder im Wasser, als die Sonne sich über das nasse Land legt, und die Tropfen auf den Ästen blinken lässt. Als Belohnung gibt es dann auch noch einen wunderschönen Regenbogen.